OLG München: Deliktischer Anspruch auf Wiederveröffentlichung positiver Patientenbewertungen

OLG München, Urteil v. 27.02.2020 – 29 U 2584/19 – Bürgerservice

Normenketten:Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG,§ 823 Abs. 1 BGB, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG

Leitsätze:

1. Schutzgegenstand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist auch der „gute Ruf“ eines Unternehmens, das unternehmerische Ansehen, und dieses wird maßgeblich durch Bewertungen auf Bewertungsportalen mitbestimmt, so dass in einer Löschung von positiven Bewertungen auch ein Eingriff in den Schutzbereich liegen kann.

2. Der Portalbetreiber ist nicht verpflichtet, offenzulegen, wie der von ihm eingesetzte Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger, also nicht „authentischer“, sondern vom Arzt beeinflusster Bewertungen funktioniert. Hierbei handelt es sich um ein nicht zu offenbarendes Geschäftsgeheimnis des Portalbetreibers, denn wenn dem Verkehr dies bekannt würde, würden seitens der Ärzte bzw. seitens von diesen beauftragten Agenturen Umgehungsmöglichkeiten entwickelt und der Portalbetreiber würde durch die Offenlegung sein eigenes Geschäftsmodell gefährden.

3. Eine (sekundäre) Darlegungslast hinsichtlich der Löschung von positiven Bewertungen trifft den Portalbetreiber erst dann, wenn der Bewertete konkrete Anhaltspunkte dafür vorträgt und ggf. unter Beweis stellt, dass die Löschung nicht aufgrund eines begründeten Verdachts hinsichtlich der Validität der Bewertungen erfolgt ist, sondern entweder willkürlich oder aus sachfremden Gründen. 

Das Urteil des OLG München ist abrufbar unter: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-5744?hl=true