OVG Berlin-Brandenburg: Rund­funk­beitrags­pflicht für möbliertes Zimmer in Anwaltskanzlei

Az.: OVG 11 M 4/20

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

  1. Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 52,50 EUR und einen Säumniszuschlag von 8,00 EUR für die Adresse B… durch Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2017. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für die hiergegen erhobene Klage durch Beschluss vom 10. Februar 2020 mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.

II.

2. Die hiergegen fristgerecht erhobene Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO biete, ist nicht zu beanstanden.

3. Der Kläger, dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht begründet worden ist, hatte im Klageverfahren durch seine Prozessbevollmächtigten lediglich geltend gemacht, er habe im streitgegenständlichen Zeitraum keine Wohnung unter der o.g. Adresse gehabt. Im Rahmen seines Dienstverhältnisses „mit der hiesigen Kanzlei“ sei ihm ein Zimmer als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt worden. Dieses Zimmer sei weder über einen gesonderten Eingang zu erreichen gewesen noch verfügte es über einen eigenen Briefkasten oder eine eigene Klingel. Demzufolge bestehe für dieses Zimmer keine Beitragspflicht.

4. Weder werden mit diesem Vorbringen hinreichende Erfolgsaussichten der Klage aufgezeigt noch ist hierfür Sonstiges ersichtlich.

5. Dass das vom Kläger nach eigenen Angaben zu Übernachtungszwecken genutzte Zimmer unter der o.g. Adresse keine Wohnung im Sinne des § 3 Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) darstellte, wird hiermit nicht dargelegt. Als solche ist nach dessen Absatz 1 Satz 1 unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit zu sehen, die
1. zum Wohnen oder Schlagen geeignet ist oder genutzt wird und
2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.

6. Die Ortsfestigkeit des Zimmers und seine bauliche Abgeschlossenheit im Sinne einer Begrenzung durch feste, dauerhaft geschlossene Wände und Decken (vgl. dazu Göhmann/Schneider/Siekmann in: Binder/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage, § 3 RBStV Rz. 10 f.) unterliegt keinen Zweifeln, die Nutzung jedenfalls zum Schlafen wird in der zitierten Klagebegründung ausdrücklich eingeräumt, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen zu Nr. 1 vorliegen.

7. Hiermit wird auch nicht Hinreichendes für die Annahme vorgetragen, dass die o.g. tatbestandlichen Voraussetzungen zu Nr. 2. vorliegend nicht erfüllt sind. Soweit der Kläger behauptet, das genannte Zimmer sei nicht über einen gesonderten Eingang zu erreichen gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass in der Nr. 2 nur die gängigsten Zugangsmöglichkeiten zu einer Raumeinheit aufgezählt werden, diese Aufzählung aber nicht abschließend ist, vielmehr auch andere Zugänge, die eine neutrale Zugangsfläche darstellen, denkbar sind, und das gemeinsame Merkmal hierfür die Einschränkung darstellt, dass die betreffende Raumeinheit „nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden kann“. Insofern bedarf es der wertenden Betrachtung der Umstände des Einzelfalls, ob es sich um eine selbstständige Raumeinheit oder den untergeordneten Teil einer anderen Wohnung handelt (Göhmann u.a., a.a.O., § 3 RBStV Rz. 29, 33 m.w.N.).

8. Hiervon ausgehend rechtfertigt das zitierte Klagevorbringen nicht die Annahme, das durch den Kläger seinerzeit genutzte Zimmer unter der o.g. Adresse sei keine Wohnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RBStV.

9. Soweit sich das Zimmer innerhalb einer Betriebsstätte befunden haben sollte, wofür vorliegend spricht, dass die Kanzleiadresse der gleichnamigen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Wittenberge mit der Adresse des Zimmers identisch ist, ist darauf hinzuweisen, dass auch Wohnungen in Betriebsstätten der Rundfunkbeitragspflicht unterliegen (OVG Münster, Beschluss vom 24. Mai 2019 -2 A 3345 -, juris; Göhmann u.a., a.a.O., § 3 RBStV Rz. 17 m.w.N.). Davon, dass es sich bei dem genannten Zimmer um ein solches in einer Betriebsstätte handelt, ist im Übrigen auch der Beklagte ausgegangen, wie sich aus dessen Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 im Beitragsvorgang auf die Einwände des Klägers im Schriftsatz vom 18. November 2016 gegen seine Beitragspflicht, sein Arbeitgeber habe ihm das Zimmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellt, es handele sich jedoch „um keine abgeschlossene Wohnung, sondern freie Unterkunft (möbliertes Zimmer unter Mitbenutzung von Küche und Bad)“, ergibt, wenn es dort heißt, die Annahme des Klägers, für das Zimmer bestehe keine separate Beitragspflicht, weil es sich innerhalb einer Betriebsstätte befinde und für diese bereits ein Rundfunkbeitrag gezahlt werde, sei unzutreffend. Der Annahme, dass das Zimmer innerhalb einer Betriebsstätte liege, ist der Kläger weder im unmittelbaren Anschluss hieran noch im Widerspruchsverfahren gegen den Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid vom 2. Mai 2017 oder im Klageverfahren entgegengetreten oder hat das in Abrede gestellt.

10. Selbst wenn das genannte Zimmer nicht in einer Betriebsstätte bzw. der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten gelegen sein sollte, würde das keine andere Beurteilung rechtfertigen, da der Kläger selbst nicht behauptet, dass dieses „ausschließlich über eine andere Wohnung“ betreten werden konnte. Hieran ändert auch nichts, dass er zur Klagebegründung weiterhin geltend gemacht hat, das Zimmer habe nicht über einen eigenen Briefkasten oder eine eigene Klingel verfügt. Denn das Vorhandensein von Einzelklingeln und eigenen Briefkästen spricht zwar für die Eigenständigkeit eines Wohnheimzimmers und gegen das Vorliegen einer zusammenhängenden Wohnung (Göhmann u.a., a.a.O., Rz. 33 m.w.N.), deren Fehlen belegt aber nicht, dass eine Raumeinheit ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden kann.

11. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht das bereits erwähnte Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 18. November 2016 (Beitragsvorgang S. 2), bei der ihm im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Unterkunft handele es sich „um keine abgeschlossene Wohnung, sondern freie Unterkunft (möbliertes Zimmer unter Mitbenutzung von Küche und Bad)“. Denn die schlichte Behauptung, es fehle an einer „abgeschlossenen Wohnung“ beinhaltet lediglich eine unsubstantiierte Rechtsbehauptung. Vielmehr hätte es konkreter Darlegungen zur Zugangssituation zum möblierten Zimmer bedurft.

12. Die Rundfunkbeitragspflicht des Klägers für den fraglichen Zeitraum wird auch nicht durch das Vorbringen des Klägers in Frage gestellt, das Zimmer sei ihm im Rahmen eines Dienstverhältnisses „mit der hiesigen Kanzlei“ (offensichtlich seiner Prozessbevollmächtigten) zur Verfügung gestellt worden. Denn als Inhaber einer Wohnung mit der Folge der Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV wird jede volljährige, eine Wohnung bewohnende Person vermutet, „die dort nach dem Melderecht gemeldet ist“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 RBStV). Dass der Kläger seit Oktober 2016 unter der o.g. Adresse gemeldet war, hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid und im Rahmen seiner Klageerwiderung ausgeführt. Dem ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten.

13. Sonstige Bedenken gegen die Heranziehung des Klägers zum Rundfunkbeitrag für den genannten Zeitraum und gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlags sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

14. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

15. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2020