EU: Kommission verhängt Kartellbuße von 4,34 Milliarden Euro gegen Google wegen Missbrauch der Marktmacht bei Android-Mobilgeräten

Die Europäische Kommission hat am 18. Juli 2018  eine Geldbuße in Höhe von 4,34 Mrd. Euro gegen Google verhängt. Google hatte Herstellern von Android-Geräten und Betreibern von Mobilfunknetzen seit 2011 rechtswidrige Einschränkungen auferlegt, um seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste zu festigen. „Google hat Android also dazu verwendet, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen. Durch diese Praktiken wurde Wettbewerbern von Google die Möglichkeit genommen, innovativ und konkurrenzfähig zu sein“, sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Auch den europäischen Verbrauchern wurden somit die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs auf dem so wichtigen Markt für mobile Internetdienste verwehrt. Dies ist nach den EU-Kartellvorschriften rechtswidrig.“

Google muss dieses Verhalten nun innerhalb von 90 Tagen endgültig abstellen, da ihm ansonsten Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, drohen.

„Das mobile Internet macht heutzutage mehr als die Hälfte des weltweiten Internetverkehrs aus. Es hat das Leben von Millionen von Europäern verändert. In dieser Sache geht es um drei Arten von rechtswidrigen Einschränkungen, die Google Herstellern von Android-Geräten und Mobilfunknetzbetreibern auferlegt hat, um sicherzustellen, dass der Internetverkehr auf Android-Geräten über die Google-Suchmaschine läuft“, so Vestager weiter.

So hat Google insbesondere:

  • von allen Herstellern als Bedingung für eine Lizenzierung des App-Store von Google (Play Store) verlangt, die Anwendung („App“) Google-Suche und die Google-eigene Browser-App (Chrome) auf ihren Geräten vorzuinstallieren,
  • Zahlungen an bestimmte große Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber geleistet, wenn diese ausschließlich die App Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallierten, und
  • Hersteller, die Apps von Google auf ihren Geräten vorinstallieren wollten, daran gehindert, auch nur einziges intelligentes Mobilgerät zu verkaufen, das über eine alternative, von Google nicht genehmigte Android-Version – einen sogenannten Android-Fork – betrieben wird.

Strategie von Google und Umfang der Untersuchungen durch die Kommission

Google erzielt einen Großteil seiner Einnahmen durch sein bekanntestes Produkt, die Google-Suchmaschine. Das Unternehmen hatte bereits früh verstanden, dass der Mitte der 2000er Jahre begonnene Übergang von Desktop-PCs zu mobilen Internetdiensten einen grundlegenden Wandel für die Google-Suche bedeuten würde. Google entwickelte daher eine Strategie, um sich auf die Auswirkungen dieses Wandels einzustellen und um sicherzustellen, dass Nutzer auch auf ihren Mobilgeräten weiterhin die Google-Suche verwenden.

Google hat den ursprünglichen Hersteller des Android-Betriebssystems für Mobilgeräte im Jahr 2005 übernommen und ist seitdem in der Weiterentwicklung von Android tätig. Sowohl in Europa als auch im Rest der Welt sind heute rund 80 Prozent der Smartphones und Tablets mit Android ausgestattet.

Wenn Google eine neue Android-Version entwickelt, veröffentlicht es den Quellcode im Internet. Dies ermöglicht es Drittanbietern, den Quellcode herunterzuladen und daraus Android-Forks zu entwickeln. Ein solcher offen zugänglicher Android-Quellcode enthält die grundlegenden Merkmale eines Betriebssystems für intelligente Mobilgeräte, jedoch keine Google-eigenen Android-Apps und -Dienste. Hersteller von Mobilgeräten, die Google-eigene Android-Apps und -Dienste nutzen möchten, müssen mit Google einen Vertrag schließen, in dessen Rahmen ihnen von Google eine Reihe von Einschränkungen auferlegt wird. Zudem hat Google auch Verträge mit bestimmten großen Betreibern von Mobilfunknetzen geschlossen und diesen Betreibern Einschränkungen auferlegt, da diese ebenfalls festlegen können, welche Apps und Dienste auf Geräten, die an Endnutzer verkauft werden, vorinstalliert werden.

Der Beschluss der Kommission betrifft drei spezifische Arten von vertraglichen Einschränkungen, die Google Herstellern von Mobilgeräten und Betreibern von Mobilfunknetzen auferlegt hat. Durch diese Einschränkungen konnte Google Android dazu verwenden, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen. In ihrem Beschluss stellt die Kommission das quelloffene Modell oder das Android-Betriebssystem als solche somit nicht infrage.

Die marktbeherrschende Stellung von Google

Die Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Ergebnis, dass Google auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste, für lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte sowie für Android-App-Stores eine beherrschende Stellung einnimmt.

Allgemeine Internet-Suchdienste

Google hat auf den nationalen Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), d. h. in allen 31 EWR-Staaten, eine beherrschende Stellung inne. In den meisten EWR-Staaten verfügt Google über einen Marktanteil von über 90 Prozent. Für diese Märkte gelten hohe Marktzutrittsschranken. Zu diesem Ergebnis war die Kommission auch in ihrem Beschluss in der Kartellsache „Google Search (Shopping)“ vom Juni 2017 gelangt.

Lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte

Bei Android handelt es sich um ein lizenzpflichtiges Betriebssystem für intelligente Mobilgeräte. Dies bedeutet, dass Fremdhersteller intelligenter Mobilgeräte eine Android-Lizenz erhalten und das Betriebssystem auf ihren Geräten verwenden können.

Durch seine Kontrolle über Android hat Google auf den Weltmärkten (mit Ausnahme des chinesischen Marktes) für lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte eine beherrschende Stellung inne, mit einem Marktanteil von über 95 Prozent. Für diese Märkte gelten hohe Marktzutrittsschranken, die teilweise auf Netzeffekte zurückzuführen sind. Je mehr Nutzer ein bestimmtes Betriebssystem für intelligente Mobilgeräte verwenden, desto mehr Entwickler schreiben Apps für dieses System – dies wiederum zieht mehr Nutzer an. Zudem bedarf es erheblicher Mittel, um ein erfolgreiches lizenzpflichtiges Betriebssystem für intelligente Mobilgeräte zu entwickeln.

Als lizenzpflichtiges Betriebssystem unterscheidet Android sich von Betriebssystemen, die ausschließlich von vertikal integrierten Entwicklern genutzt werden (wie etwa iOS von Apple oder Blackberry). Diese gehören nicht demselben Markt an, da sie von Fremdherstellern von Mobilgeräten nicht verwendet werden dürfen.

Dennoch hat die Kommission geprüft, inwieweit der Wettbewerb – insbesondere zwischen Apple– und Android-Geräten – um die (nachgelagerten) Endnutzer die Marktmacht von Google im Bereich der Vergabe von Android-Lizenzen an (vorgelagerte) Hersteller von Mobilgeräten indirekt einschränken könnte. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass dieser Wettbewerb Google auf dem vorgelagerten Markt nicht in ausreichendem Maße einschränkt, und zwar aus verschiedenen, im Folgenden auszugsweise dargelegten Gründen:

  • Die Kaufentscheidungen der Endnutzer werden von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren (wie z. B. die Hardware-Eigenschaften oder die Marke des Geräts) beeinflusst, die unabhängig von dem Betriebssystem sind.
  • Apple-Geräte werden in der Regel zu höheren Preisen vertrieben als Android-Geräte und könnten daher für einen großen Teil der Nutzer von Android-Geräten nicht zugänglich sein.
  • Nutzern von Android-Geräten entstehen bei einem Umstieg auf ein Apple-Gerät verschiedene Nachteile; so verlieren sie beispielsweise ihre gespeicherten Apps, Daten und Kontakte und müssen den Umgang mit einem neuen Betriebssystem erlernen.
  • Selbst wenn Endnutzer von einem Android- auf ein Apple-Gerät umsteigen würden, hätte dies nur begrenzte Auswirkungen auf das Kerngeschäft von Google, da die Google-Suche auf Apple-Geräten standardmäßig als Suchmaschine verwendet wird und die Wahrscheinlichkeit, dass Apple-Nutzer auch im Weiteren die Google-Suche für ihre Suchanfragen verwenden, daher groß ist.

Android-App-Stores

Google hat auf den Weltmärkten (mit Ausnahme des chinesischen Marktes) für Android-App-Stores eine beherrschende Stellung inne. Über 90 Prozent der Apps, die auf Android-Geräte im EWR heruntergeladen werden, stammen aus dem Android-App-Store von Google, dem Play Store. Ein weiteres Merkmal des Marktes sind die hohen Marktzutrittsschranken. Aus ähnlichen Gründen wie den bereits dargelegten wird die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für App-Stores nicht durch den App-Store von Apple untergraben, da dieser ausschließlich auf iOS-Geräten verfügbar ist.

Verstoß gegen das EU-Kartellrecht

Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Allerdings tragen marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung und dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem von ihnen beherrschten Markt oder auf anderen Märkten einschränken.
Google hat drei voneinander unabhängige Arten von Praktiken angewendet, die alle darauf ausgerichtet waren, die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste zu festigen.

1) Die illegale Kopplung der Google-Suche und Browser-Apps

Google bietet Herstellern von Mobilgeräten seine Apps und Dienste für Mobilgeräte als Bündel an, das den Google Play Store, die App Google-Suche und den Browser Google Chrome umfasst. Aufgrund der Lizenzierungsbedingungen von Google können Hersteller bestimmte Apps nicht auf ihren Geräten vorinstallieren, ohne auch andere Apps vorzuinstallieren.

Im Rahmen der Untersuchungen der Kommission bestätigten Hersteller von Mobilgeräten, dass es sich bei dem Play Store um eine „unverzichtbare“ App handle, da Nutzer davon ausgehen, dass dieser auf ihren Geräten vorinstalliert sei (nicht zuletzt, da sie ihn rechtmäßig nicht selbst herunterladen können).
Die Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Ergebnis, dass Google in zwei Fällen eine illegale Kopplung angewendet hat:

  • Erstens die Kopplung der App Google-Suche. Durch diese konnte Google erreichen, dass seine App Google-Suche auf nahezu allen im EWR verkauften Android-Geräten vorinstalliert ist. Such-Apps stellen einen wichtigen Zugangspunkt für Internet-Suchanfragen auf Mobilgeräten dar. Nach Auffassung der Kommission stellen diese Kopplungspraktiken seit 2011 eine Rechtswidrigkeit dar, da Google seit diesem Jahr eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Android-App-Stores innehat.
  • Zweitens die Kopplung des Browsers Google Chrome. Durch diese konnte das Unternehmen sicherstellen, dass sein mobiler Browser auf nahezu allen im EWR verkauften Android-Geräten vorinstalliert ist. Browser stellen ebenfalls einen wichtigen Zugangspunkt für Internet-Suchanfragen auf Mobilgeräten dar, und die Google-Suche wird über den Browser Google Chrome standardmäßig als Suchmaschine verwendet. Nach Auffassung der Kommission stellen diese Kopplungspraktiken seit 2012 eine Rechtswidrigkeit dar, da Google den Chrome-Browser in diesem Jahr in sein App-Bündel eingebunden hat.

Vorinstallationen können zu einem „Status-quo-Denken“ führen. Nutzer von Mobilgeräten, auf denen Apps vorinstalliert wurden, verwenden diese Apps häufig auch im Weiteren. So hat die Kommission beispielweise Nachweise dafür gefunden, dass die App Google-Suche auf Android-Geräten, auf denen sie bereits vorinstalliert wurde, deutlich häufiger genutzt wird als auf Geräten von Windows Mobile, deren Nutzer sie selbst herunterladen müssen. Dies zeigt auch, dass Nutzer konkurrierende Apps nicht in einem Umfang herunterladen, der den erheblichen geschäftlichen Vorteil, der Google durch die Vorinstallationen entsteht, ausgleichen würde.

Beispielsweise erfolgten im Jahr 2016

  • auf Android-Geräten, auf denen die Google-Suche und der Chrome-Browser vorinstalliert wurden, über 95 Prozent aller Internet-Suchanfragen über die Google-Suche, und
  • auf Geräten von Windows Mobile, auf denen die Google-Suche und der Chrome-Browser nicht vorinstalliert wurden, weniger als 25 Prozent aller Internet-Suchanfragen über die Google-Suche. Über 75 Prozent der Suchanfragen erfolgten über die auf Geräten von Windows-Mobile vorinstallierte Microsoft-Suchmaschine Bing.

Daher hat Google durch diese Praktiken Herstellern weniger Anreize zur Vorinstallation konkurrierender Suchmaschinen- und Browser-Apps auf ihren Geräten sowie Verbrauchern weniger Anreize zum Herunterladen solcher Apps geboten. Dadurch wurden die Möglichkeiten der Wettbewerber beeinträchtigt, effektiv mit Google zu konkurrieren.

Nach einer detaillierten Prüfung der Argumentation von Google, die Kopplung der App Google-Suche und des Chrome-Browsers sei notwendig gewesen, insbesondere um Google zu ermöglichen, Einnahmen aus seiner Investition in Android zu erzielen, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass diese Argumentation nicht hinreichend begründet ist. Google erzielt allein mit dem Google Play Store jährlich Einnahmen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar; mit diesem sammelt das Unternehmen große Datenmengen, die für Dienste der Suchmaschinenwerbung über Android-Geräte einen großen Mehrwert darstellen. Allerdings hätte die Suchmaschinenwerbung auch ohne die Einschränkungen eine erhebliche und stabile Einnahmenquelle für das Unternehmen dargestellt.

2) Illegale, an die exklusive Vorinstallation der Google-Suche geknüpfte Zahlungen

Google hat einigen der größten Herstellern von Mobilgeräten sowie Betreibern von Mobilfunknetzen erhebliche finanzielle Anreize dafür gewährt, dass sie auf allen Android-Geräten ihres Sortiments ausschließlich die Google-Suche vorinstallierten. Dadurch wurde der Wettbewerb in erheblichem Maße beeinträchtigt, da Herstellern weniger Anreize zur Vorinstallation konkurrierender Suchmaschinen-Apps auf ihren Geräten geboten wurden.

Die Untersuchungen der Kommission haben ergeben, dass eine konkurrierende Suchmaschine nicht in der Lage gewesen wäre, die Zahlungen von Google an Hersteller von Mobilgeräten oder Betreiber von Mobilfunknetzen im Rahmen der Einnahmenteilung auszugleichen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein Hersteller von Mobilgeräten oder ein Betreiber von Mobilfunknetzen auch dann für den Wegfall der Einnahmenteilung mit Google für alle Geräte kompensiert werden müsste, wenn die konkurrierende Suchmaschine nur auf einigen Geräten vorinstalliert wäre.

Im Einklang mit dem aktuellen Urteil des Gerichtshofs in der Kartellsache Intel hat die Kommission unter anderem die Bedingungen, unter denen die Anreize gewährt wurden, den Umfang dieser Anreize, den von diesen Vereinbarungen abgedeckten Marktanteil sowie deren Laufzeit berücksichtigt.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung hat die Kommission das Verhalten von Google für den Zeitraum von 2011 bis 2014 als rechtswidrig eingestuft. 2013 (nachdem die Kommission begonnen hatte, sich mit dieser Sache zu befassen) hatte Google begonnen, diese „Ausschließlichkeitsbedingung“ aufzuheben. Die endgültige Beendigung dieser illegalen Praktik erfolgte 2014.

Die Kommission hat zudem die Argumentation von Google, das Gewähren finanzieller Anreize für die ausschließliche Vorinstallation der Google-Suche auf allen Android-Geräten eines Herstellersortiments sei notwendig gewesen, ausgiebig geprüft. Diesbezüglich wies die Kommission die Einwände von Google zurück, die an die Ausschließlichkeitsbedingung geknüpften Zahlungen seien notwendig gewesen, um Hersteller von Mobilgeräten und Betreiber von Mobilfunknetzen davon zu überzeugen, Geräte für das Android-Ökosystem herzustellen.

3) Illegale Behinderung der Entwicklung und des Vertriebs konkurrierender Android-Betriebssysteme

Google hat Hersteller von Mobilgeräten an der Nutzung jeglicher alternativer Android-Versionen gehindert, die nicht durch Google genehmigt wurden (Android-Forks). Um geschützte Google-Anwendungen wie den Play Store oder die Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallieren zu können, mussten Hersteller sich dazu verpflichten, nicht ein einziges mit einem Android-Fork betriebenes Gerät zu entwickeln oder zu verkaufen. Nach Auffassung der Kommission erfolgt dieses Verhalten seit 2011 missbräuchlich, da Google seit diesem Jahr eine beherrschend auf dem Markt für Android-App-Stores innehat.

Diese Praktik hat zu einer Verringerung der Möglichkeiten für eine Entwicklung und einen Verkauf von Geräten geführt, die mit einem Android-Fork betrieben werden. So hat die Kommission beispielsweise Nachweise dafür gefunden, dass das Verhalten von Google eine Reihe von großen Herstellern davon abhielt, Geräte, die mit dem Android-Fork „Fire OS“ von Amazon betrieben wurden, zu entwickeln und zu verkaufen.

Damit hat Google seinen Wettbewerbern gleichzeitig eine wichtige Möglichkeit genommen, Apps und Dienste (insbesondere allgemeine Suchdienste) einzuführen, die auf Android-Forks vorinstalliert werden könnten. Das Verhalten von Google hatte somit direkte Auswirkungen auf Nutzer, da es ihnen den Zugang zu weiteren Innovationen sowie zu intelligenten Mobilgeräten versperrte, die auf anderen Versionen des Android-Betriebssystems basierten. Diese Praktiken haben also zu Umständen geführt, in denen nicht Nutzer, Hersteller von Apps oder der Markt darüber entschieden, welche Betriebssysteme florierten, sondern Google selbst.

Nach einer detaillierten Prüfung der Argumentation von Google, diese Einschränkungen seien notwendig gewesen, um eine mögliche Fragmentierung des Android-Ökosystem zu verhindern, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass diese Argumentation nicht hinreichend begründet ist. Erstens hätte Google sicherstellen können, dass Android-Geräte, die mit geschützten Apps und Diensten von Google betrieben werden, den technischen Vorschriften von Google genügten, ohne gleichzeitig das Aufkommen von Android-Forks zu verhindern. Zweitens konnte Google keine stichhaltigen Nachweise dafür erbringen, dass es bei Android-Forks zu technischen Störungen und Fehlern bei der Unterstützung von Apps kommen würde.

Auswirkungen der illegalen Praktiken von Google

Die Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Ergebnis, dass diese drei Arten von Missbrauch als Teil einer umfassenden Strategie zu betrachten sind, mit der Google – in Zeiten einer erheblichen Bedeutungszunahme mobiler Internetdienste – seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste festigen wollte.

Erstens verwehrte Google seinen Wettbewerbern durch diese Praktiken die Möglichkeit, sich in einem leistungsorientierten Wettbewerb zu messen. Durch seine Kopplungspraktiken stellte das Unternehmen die Vorinstallation der Google-Suchmaschine und des Chrome-Browsers auf nahezu allen Android-Geräten von Google sicher; die an die Ausschließlichkeitsbedingung geknüpften Zahlungen hielten Hersteller in erheblichem Maße davon ab, konkurrierende Suchmaschinen auf ihren Geräten zu installieren. Google hat zudem die Entwicklung von Android-Forks behindert, die konkurrierenden Suchmaschinen eine Plattform für einen Zugang zu einem erhöhten Internetverkehr hätte bieten können. Durch seine Strategie hat Google konkurrierende Suchmaschinen zudem daran gehindert, über intelligente Mobilgeräte mehr Daten wie etwa mobile Standortdaten zu sammeln; auch dies ermöglichte Google, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen.

Darüber hinaus hat Google durch seine Praktiken den Wettbewerb beeinträchtigt und die Innovationstätigkeit im Bereich der mobilen Dienste, die über einfache Internet-Suchdienste hinausgehen, gebremst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass andere Browser für Mobilgeräte daran gehindert wurden, effektiv mit dem vorinstallierten Browser Google Chrome zu konkurrieren. Abschließend hat Google die Entwicklung von Android-Forks behindert, die auch anderen App-Entwicklern eine Möglichkeit gegeben hätte, sich erfolgreich weiterzuentwickeln.

Folgen des Beschlusses

Bei der Festsetzung der Geldbuße in Höhe von 4,34 Mrd. Euro hat die Kommission die Dauer und die Schwere des Verstoßes berücksichtigt. Im Einklang mit den Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (siehe Pressemitteilung und MEMO) wurde die Geldbuße auf der Grundlage der Einnahmen von Google aus Dienstleistungen im Bereich der Suchmaschinenwerbung auf Android-Geräten im EWR berechnet.

Gemäß dem Beschluss der Kommission muss Google dieses illegale Verhalten innerhalb von 90 Tagen nach dem Beschluss endgültig abstellen.

So muss Google im Mindesten die drei im Beschluss dargelegten Praktiken abstellen und darf diese nicht wieder aufnehmen. Dem Beschluss zufolge muss Google zudem von jeglichen Maßnahmen absehen, die auf dieselben bzw. gleichwertige Ziele und Wirkungen ausgerichtet sind wie die oben genannten Praktiken.

Dieser Beschluss hindert Google nicht daran, ein vernünftiges, angemessenes und objektives System einzuführen, um das ordnungsgemäße Funktionieren von Android-Geräten, die mit geschützten Apps und Diensten von Google betrieben werden, sicherzustellen, ohne dabei die Freiheit der Hersteller von Mobilgeräten zu beeinträchtigen, mit einem Android-Fork betriebene Geräte herzustellen.

Die Einhaltung der im Beschluss der Kommission dargelegten Bestimmungen liegt in der alleinigen Verantwortung von Google. Die Kommission wird die Einhaltung genau überwachen, und Google muss die Kommission laufend darüber unterrichten, wie es seinen Verpflichtungen nachzukommen gedenkt.

Im Falle einer Nichteinhaltung der im Beschluss der Kommission dargelegten Bestimmungen müsste Google Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, zahlen. Eine solche Nichteinhaltung müsste von der Kommission durch einen gesonderten Beschluss festgestellt werden; die Zahlungen wären rückwirkend ab Beginn der Nichteinhaltung zu leisten.

Abschließend drohen Google zudem zivilrechtliche Schadensersatzklagen, die von seinem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffene Personen oder Unternehmen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten einlegen könnten. Die neue EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen erleichtert es Opfern wettbewerbswidriger Praktiken, Schadensersatz zu erhalten.

Weitere Untersuchungen zu Google

Im Juni 2017 verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. Euro gegen Google, da das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte, indem es dem Google-eigenen Preisvergleichsdienst mittels seiner Suchmaschine unrechtmäßige Vorteile verschaffte. Die Kommission prüft derzeit eingehend die Einhaltung dieses Beschlusses durch Google.

Die Kommission setzt zudem ihre Untersuchungen zu den Einschränkungen fort, die Google bestimmten Dritten in Bezug auf deren Möglichkeiten auferlegt hat, auf ihren Websites Suchmaschinenwerbung von Wettbewerbern Googles anzuzeigen (Sache AdSense). Im Juli 2016 ist die Kommission zu der vorläufigen Schlussfolgerung gelangt, dass Google in der Sache AdSense seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat.

Hintergrund

Der heutige Beschluss ist an Google LLC (zuvor Google Inc.) und Alphabet Inc., die Muttergesellschaft von Google, gerichtet. Im April 2015 hat die Kommission hat ein Verfahren eingeleitet, das das Verhalten von Google im Zusammenhang mit dem Android-Betriebssystem sowie mit Android-Apps betraf; die Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde Google im April 2016 übermittelt.

Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 54 des EWR-Abkommens verbieten die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung.

Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 18.07.2018