VGH München: Verbot der Verbreitung von Flugblättern im Wahlkampf unrechtmäßig

Leitsätze:

Zur Bewertung der Äußerungen auf einem Flugblatt im Kommunalwahlkampf „Raus aus dem Rathaus!“ und „Deshalb: Volksverräter raus aus dem Rathaus!“.

1. Die Verbreitung einer im Kommunalwahlkampf auf einem Flugblatt dargestellten Karikatur verschiedener Stadträte, die mit einer (wenn auch polemische und ehrverletzende Kritik enthaltende) inhaltlichen Auseinandersetzung der Politik der im Rathaus vertretenen Parteien verbunden ist und mit der Aussage endet „Deshalb: Volksverräter raus aus dem Rathaus!“, darf nicht verboten werden, weil nicht die bloße Diffamierung der karikierten Personen im Vordergrund steht. (Rn. 8 – 15) (redaktioneller Leitsatz)

2. Bei der Verwendung des Begriffs „Volksverräter“ ist zu berücksichtigen, dass der Begriff zwar angesichts seiner historischen Belastung eine besondere Herabsetzung des betroffenen Personenkreises beinhalten kann, in der öffentlichen Diskussion jedoch auch heute noch gebraucht wird, um Kritik an der vermeintlich fehlenden Responsivität der politisch Verantwortlichen gegenüber den Einstellungen der Mehrheit des Volkes zu üben. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Beschluss v. 09.03.2020 – 10 CS 20.465 abrufbar unter:https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-4506?hl=true