OLG Hamm: Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern ist für Unterspritzung mit Hyaluronsäure nicht zulässig

Mit einem Urteil zum Heilmittelwerberecht hat das Oberlandesgericht Hamm am 29. August 2024 die erste streitige Entscheidung nach den neuen Vorschriften zu Unterlassungsklagen gefällt. Seit dem 13. Oktober 2023 sind danach die Oberlandesgerichte erstinstanzlich für Klagen nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz – UKlaG) zuständig.

Mit dem nun vorliegenden Urteil wurde einem Unternehmen aus Recklinghausen auf Antrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen verboten, für die von ihm angebotenen Behandlungen von Nase, Lippen, Kinn oder anderen Teilen des Gesichts durch Unterspritzen mit Hyaluron im Internet oder in den sozialen Medien mit sogenannten Vorher-Nachher-Bildern zu werben.

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verbietet aus Gründen des Verbraucherschutzes die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern außerhalb der entsprechenden Fachkreise für medizinisch nicht notwendige operative plastisch-chirurgische Eingriffe. Es soll kein Anreiz für derartige mit gesundheitlichen Risiken verbundene Eingriffe durch vergleichende Darstellung des Aussehens vor und nach dem Eingriff geschaffen werden.

Das beklagte Unternehmen hatte verschiedene Fallbeispiele von Nasen-, Tränenrinnen-, Wangenknochen- oder Kinnbehandlungen auf Instagram und seiner Internetseite mit Vorher-Nachher-Bildern beworben. Die Verbrauchzentrale sah in dem verwendeten Verfahren des Unterspritzens mit sogenannten „Fillern“ auf Basis von Hyaluronsäure jedoch einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinne des Heilmittelwerberechts. Sie verlangte daher die Unterlassung solcher Werbung. Nach Auffassung des beklagten Unternehmens wendet dieses beim Unterspritzen jedoch weder ein operatives noch ein plastisch-chirurgisches Verfahren an.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht und das UKlaG zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm ordnete dieses Unterspritzen jedoch ebenfalls als operatives plastisch-chirurgisches Verfahren ein und verbot die Werbung daher. Im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte reicht nach dem Urteil der hier vorliegende instrumentelle Eingriff am oder im Körper des Menschen – verbunden mit einer Gestaltveränderung – aus, um das Werbeverbot zu rechtfertigen. Da diese Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das Gericht die Revision zugelassen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 29. August 2024, Az. 4 UKl 2/24, nicht rechtskräftig (Revision eingelegt, BGH I ZR 170/24).

Für die Entscheidung relevante Vorschriften:

§ 2 UKlG – Ansprüche bei verbraucherschutzgesetzwidrigen Praktiken

(1) Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. …

(2) Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere … 6. die §§ 3 bis 13 des Heilmittelwerbegesetzes …

§ 6 UKlG – Zuständigkeit und Verfahren

(1) Für Klagen nach diesem Gesetz ist das Oberlandesgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. …

§ 11 HWG

(1) Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden … Ferner darf für die in § 1 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht wie folgt geworben werden: 1. mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff …

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 8. Oktober 2024